Umweltsiegel im Überblick: Die wichtigsten Siegel für nachhaltige Baumaterialien
27/4/2023

Umweltsiegel bei Baumaterialien/-stoffe: Die große Übersicht

Umweltsiegel bzw. Siegel oder Umwelt-Label sollen umweltfreundliche und wohngesunde Bauprodukte für den Verbraucher leicht erkennbar machen. Es gibt aber eine Vielzahl an Siegeln bzw. Labeln, die wenig Aussagekraft haben und für reine Marketingzwecke genutzt werden. Wir stellen euch die wichtigsten Siegel für Bauprodukte vor und was diese für das Produkt bedeuten.

Was muss ich über Umweltsiegel wissen?

Umwelt-Label sind Typ-I-Umweltzeichen, diese heben die besonderen Umweltweltqualitäten für private Endverbraucher:innen hervor. Es gibt eine Vielzahl an Siegeln und die Unterschiede in der Aussagefähigkeit sind gravierend. Zum einen ist nicht immer eindeutig, ob die abgedruckten Siegel unabhängig vergeben wurden oder es firmeninterne Siegel sind. Die Prüfkriterien oder der Prüfumfang können sich sehr stark unterscheiden. Die Siegel können auf Selbstauskünften basieren oder die Probeentnahme erfolgt intern. Die Probenanzahl kann sehr gering sein. Bei VOCs werden unterschiedliche Summenwerte genommen oder nur auf wenige VOCs geprüft. Dann sind die Prüfungen teilweise sehr alt und es gibt keine fortlaufende Überwachung. Da Grenzwerte regelmäßig angepasst werden und das meistens nach unten, sollten Siegel und Zertifizierungen regelmäßig erneuert werden. Es werden Bezeichnungen verwendet, die gesetzlich nicht definiert sind. Viele Siegel kann man auch gar nicht bewerten, weil die Prüfkriterien und Prüfberichte nicht frei zugänglich sind. Die Bezeichnung „schadstoffgeprüft“ ist ohne weitere Informationen nicht aussagekräftig. Es gibt Siegel, die nur auf einzelne Schadstoffe testen und von denen dann die Zertifizierung „schadstofffrei“ ausgegeben wird. Auch andere Aussagen oder Mitgliedschaften in Verbänden können optisch als Siegel dargestellt werden. Diverse Firmen haben auch firmeneigene Logos entwickelt.

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Wie erkenne ich seriöse Umweltsiegel?

Es gibt Firmen, die mit Siegeln Greenwashing betreiben oder versuchen, Verbraucher:innen in die Irre zu führen. Da werden Siegel oder Zertifizierungen als besondere Auszeichnung hervorgehoben, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Ein Beispiel dafür ist die CE-Kennzeichnung, damit das Produkt in der EU überhaupt auf den Markt gebracht werden darf. Ebenso gibt es bestimmte RAL-Gütezeichen, die zwingend erforderlich sind, z.B. für Wärmedämmung aus Künstlichen Mineralfasern (KMF).

Ein seriöses Siegel hat eine individuelle Prüfnummer (mit Datum), die eindeutig einem Produkt zugeordnet werden kann.

Um die fehlende Transparenz etwas aufzuheben, gibt es zwei Vergleichs- und Bewertungsplattformen für Siegel:

Beide Plattformen vernachlässigen bei der Bewertung von Siegeln allerdings wohngesundheitliche Kriterien.

Ökotest und Stiftung Warentest überprüfen auch regelmäßig verschiedene Bauprodukte zu verschiedenen Kriterien. Ökotest berücksichtigt dabei besonders die enthaltenen Schadstoffe.

Welche Siegel gibt es? Die große Übersicht

Eco-Institut Label

Das unabhängige Eco-Institut eco-INSTITUT-Label testet Bauprodukte, Möbel und Einrichtungsgegenstände auf ihre gesundheitlichen Wirkungen. Das ECO-Institut Label bekommen Bauprodukte, die unbedenklich und weitestgehend umweltverträglich über ihren gesamten Lebenszyklus (von Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung bzw. Recycling) sind. Der Fokus liegt auf sensibilisierenden Einzelstoffen. Für jede Produktkategorie gibt es individuelle Prüfkriterien. Dieses Umwelt-Label ist eines der strengsten und umfassendsten Umwelt-Label in Deutschland.

eco INSTITUT

Natureplus

Das Natureplus-Qualitätszeichen wird vom Verein natureplus e.V. vergeben. Die Schwerpunkte liegen auf Klimaschutz, Wohngesundheit, Nachhaltigkeit und Lebenszyklus. Vereinsmitglieder sind u.a. auch Umweltorganisationen und Verbraucher- und Gesundheitsorganisationen.

Natureplus hat auch eine Produktdatenbank, in der alle Produkte gelistet sind, die die strengen Prüfkriterien erfüllen. Zu den Prüfkriterien gehören u.a., dass die Produkte zu 85% aus nachwachsenden und/oder mineralischen Rohstoffen bestehen und eine Volldeklaration der Inhaltsstoffe auf dem Gebindeetikett enthalten sein muss. Ebenso gelten Kriterien für die erlaubten Emissionen aus den Produkten. Dieses Umwelt-Label ist eines der strengsten und umfassendsten Umwelt-Label in Deutschland. 

Produkte mit dem Natureplus Qualitätszeichen bestehen zum Großteil aus nachwachsenden Rohstoffen.

Blauer Engel

Der Blaue Engel ist eines der bekanntesten Umweltsiegel und wird vom Bundesumweltministerium verwaltet. Die Zertifizierung erfolgt über Herstellerangaben. Der Blaue Engel bescheinigt nicht die vollständige Unschädlichkeit des Produktes, sondern nur eine umweltfreundlichere Alternative in der jeweiligen Produktgruppe. Das bedeutet vor allem, dass Produkte ausgezeichnet werden, die innerhalb einer umweltschädlichen Produktgruppe etwas mehr umweltfreundlich sind. Die Produkte können aber z.B. immer noch Glykolverbindungen und schwer abbaubare Acrylate enthalten. Produkte aus der gleichen Produktgruppe können das Siegel erhalten, ohne dass für Außenstehende erkennbar ist, welches Produkt unschädlicher bzw. ökologischer ist. Der Blaue Engel wird auch vergeben, wenn Produkte Schadstoffe reduziert haben, aber trotzdem noch welche enthalten sind. Daher erhalten ökologische Baustoffe, die von vornherein keine Schadstoffe erhalten, keinen Blauen Engel.

Für den Hausbau ist die Produktgruppe „Bauen und Heizen“ relevant.

EU-Ecolabel

Das europäische EU-Ecolabel wird in Deutschland von der RAL und dem Umweltbundesamt vergeben. Es gilt immer nur für drei Jahre. Für die Bewertung wird der gesamte Produktlebenszyklus betrachtet. Die Anforderungen sind strenger als der gesetzliche Mindeststandard. Der Fokus liegt auf besonders emissions- und schadstoffarmen Farben und Lacke für den Innenbereich.

EU Ecolabel

Goldene „M“

Das Emissionslabel „Goldenes M“ der deutschen Gütegemeinschaft Möbel e.V. (DGM) wird von der RAL vergeben und zeichnet schadstoffarme Möbel aus. Geprüft werden Stabilität, Haltbarkeit, Lichtechtheit, ggf. Reibechtheit, Richtwerte für Formaldehyd, VOCs, Biozide, Azofarbstoffe, FCKW, Schwermetalle oder Flammschutzmittel.

Es ist das einzige Gütezeichen für komplette Möbel.

Goldene M

C2C - Cradle2Cradle

“Cradle to Cradle” heißt auf deutsch „Wiege zur Wiege“ und zeichnet Produkte aus, die einen geschlossenen Rohstoffkreislauf haben.  Eine C2C-Zertifizierung bescheinigt, dass die Inhaltsstoffe bis nahezu 100% zurückgewonnen werden können. Zusätzlich werden u.a. die Umweltsicherheit, Schadstofffreiheit, regenerative Energieformen, soziale Verantwortung des Unternehmens und der Umgang mit Wasser in die Bewertung mit einbezogen. Dadurch ergeben sich die Abstufungen Basic, Bronze, Silber und Platin. Die Gültigkeit liegt bei zwei Jahren. Produkte, die eine C2C-Zertifizierung haben, können theoretisch komplett recycelt werden, was aber in vielen Fällen wegen den fehlenden Rücknahmemöglichkeiten nicht umgesetzt wird.

Cradle2Cradle

Emicode

Der Emicode von der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe Klebstoffe und Bauprodukte e V. (GEV) bewertet Verlegwerkstoffe, die Klebstoffe enthalten. Es können drei Stufen erreicht werden: „sehr emissionsarm plus“ (EC 1 plus), „sehr emissionsarm“ und „emissionsarm“. Als Hauptkriterium müssen die Produkte frei von VOCs, SVOCs sowie krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoffen sein. Die Grenzwerte sind strenger als der gesetzliche Standard, um die Raumluftbelastungen und potenzielle negative Folgen für die Gesundheit gering zu halten.

Emicode

Eurofins Indoor Air Comfort Gold

Das Eurofins Indoor Air Comfort Gold Siegel zeichnet emissionsarme Bauprodukte aus. Die Grenzwerte für VOCs und Formaldehyd sind sehr streng.

Eurofins Indoor Air Comfort Gold

FSC

Das FSC Siegel gilt international als das wichtigste Siegel auf dem Holzmarkt. Es setzt sich für umweltgerechte, soziale und außerdem wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Wälder auf der ganzen Welt ein. Es basiert auf zehn strengen ökologischen und sozialen Prinzipien, die die Grundlage dafür legen sollen, die Wälder dieser Erde trotz wirtschaftlicher Nutzung langfristig zu erhalten. Anforderungen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung sind z.B. der Verzicht auf Biozide und Kahlschläge.

FSC-Siegel sind international anerkannt und besonders wichtig für den Holzmarkt.

PEFC

PEFC steht für “Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes”, zu deutsch “Programm für die Anerkennung von Waldzertifizierungssystemen” und ist ein von der EU entwickeltes internationales Waldzertifizierungssystem. Es ist als Alternative zum FSC gegründet worden, um die Belange der europäischen Waldbauer besser zu vertreten. Ziele in Deutschland sind u.a. der Schutz von besonders wertvollen Waldgebieten, Arbeitsschutz, Verbot von Kahlschlägen, Erhaltung von Totholz, Bodenschutz, Vermeidung von Pestiziden und Schutz von Biotopen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Ein Produkt darf das PEFC-Logo nur abdrucken, wenn mindestens 70% des enthaltenen Holzes PEFC zertifiziert sind und das restliche Holz nicht aus illegalem Einschlag stammt.

Mit PEFC-zertifiziertem Holz schützen Bauherr:innen den heimischen Wald.
Über den Autor
Dipl. Ing. Ester Karl
Bauingenieurin & Autorin
Als Bauingenieurin & Bauphilosophin setzt sich Ester für die Themen Nachhaltigkeit & wohngesundes Bauen ein.

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